Bericht Sektionsreise Zeltrekking im Hohen Atlas
22.09. – 04.10.2025
Im September 2025 brach unsere 12-köpfige Reisegruppe vom DAV Vierseenland nach Marrakesch auf. Einige reisten früher an und nutzten den ersten Abend für einen Bummel über den Djemma el Fna-Platz. Wir als Gruppe sahen uns am 23.09.25 im Hotel Kennedy erstmals gemeinsam. Trotz mancher, die morgens um 2:30 Uhr ankamen, war die Vorfreude groß – aber auch der Respekt vor dem Neuen. Es hatte nicht jeder Erfahrung mit Zelttrekking und 4.000er Gipfeln.
Die Trekkingtour (Tage 1–10)
Tag 1 – Start in Imlil: Nach der zweistündigen Fahrt nach Imlil lernten wir unseren Guide Jamal, den Koch und die Muli-Crew kennen. Das Gepäck wurde auf acht Maultiere verteilt. Wir wanderten im Mizane-Tal talauswärts zum Pass Tizi Aguersioual (2.050 m) und nahmen noch den 2.250 m hohen Gipfel mit – mit einem wunderschönen ersten Blick auf den Toubkal. Danach stiegen wir hinab ins Imenane-Tal zu unserem ersten Zeltcamp unter Walnussbäumen am Bach. Die Crew hatte bereits alles vorbereitet – wir mussten nur noch einziehen. Nach einer ersten Nacht in noch ungewohnter Umgebung ging es gegen 21:00 Uhr in die Schlafsäcke.
Tag 2 – Nach Oukaimeden (2.600 m): Ein wunderschöner Panoramapfad durch alte Thujen-Bestände führte uns in etwa fünf Stunden nach Oukaimeden, einem älteren Wintersportort. Auf einer Almwiese bei einer Berbersiedlung schlugen wir unser Lager auf. Hier trafen wir zum ersten Mal unsere Begleiterin Luzie – eine kleine, hellbraune Hündin. Sie folgte uns ins Camp und verließ uns nie wieder. Im Gegenteil: Sie bewachte unser Lager und verbellte alles, was sich uns näherte. Am Abend bewunderten wir einen herrlich klaren Sternenhimmel mit Milchstraße, Großem und Kleinem Wagen und Cassiopeia. In der Nacht allerdings sorgten viele Tiere in den Stallungen und unsere Luzie für ziemlich Radau – wem Ohrstöpsel dabei waren, war im Vorteil.
Tag 3 – Nach Tacheddirt (2.300 m): Jamal teilte uns mit, dass die ursprüngliche Route nach Agounss derzeit unbegehbar ist. Stattdessen wanderten wir über einen 3.000 m hohen Pass – eine großartige, aussichtsreiche, aber eher kurze Etappe. Nach dem Mittagessen fanden sich die ersten Kartenspieler zusammen. Mit Uno, Rage und Schafkopf verbrachten wir einen angenehmen Nachmittag. Wissend, dass wir am nächsten Tag schon um 6:00 Uhr aufbrechen müssten, gingen wir früh ins Bett.
Tag 4 – Lange Tour nach Azib n'Ououraine (3.150 m): Ein langer Aufstieg über 1.200 Höhenmeter zum Pass Tizzi n'Likmet (3.550 m) – der frühe Start sorgte für kühlen Aufstieg im Schatten. Dann marschierten wir 1.000 Höhenmeter wieder hinab ins Tal zu einem schönen Bach für das Mittagessen und eine wohlverdiente Siesta. Danach bewältigten wir noch 8 km und 500 Höhenmeter zur Berbersiedlung Azib n'Ououraine. Am Ende dieser anstrengenden Etappe hatten wir etwa 21 km und 1.650 Höhenmeter in den Beinen – auch Luzie war danach völlig erschöpft. Wir freuten uns, zwei Nächte an diesem schönen Lagerplatz bleiben zu können.
Tag 5 – Jebel Iferouane (4.002 m): Ein Teil der Gruppe startete zum abgelegenen Gipfel mit Traumblicken zum Toubkal-Massiv und zum Südlichen Atlas mit dem vulkanisch geprägten Siroua-Massiv. Zum ersten Mal bewegten wir uns in solchen Höhen – die Akklimatisation funktionierte ausgezeichnet. Beim Abstieg konnten wir einige Höhenmeter mit einer Abfahrt durch weichen Schotter abfahren. Die „Zuhausegebliebenen" nutzten den Tag zur Erholung, zum Kartenspielen und zum Waschen im Bach.
Tag 6 – Ait Igrane (1.800 Höhenmeter): Wir verabschiedeten uns von der grünen Wiese und stiegen über den Aourai-Pass in Serpentinen ins Tal. Wie immer wurden wir von unseren Mulis und der Crew überholt – immer mit freundlichem „Salam aleikum" und Lächeln. In Amsouzart genossen wir Schatten und gekühlte Cola unter einer riesigen Baumkrone. In Ait Igrane erwartete uns ein schöner Lagerplatz unter Bäumen und vor allem: eine Dusche! Am Abend strahlten alle um die Wette – sogar die Herren rasiert sich. Luzie fühlte sich immer noch wohl und die ersten Teilnehmer überlegten bereits, ob man sie mitnehmen könnte.
Tag 7 – Lac d'Ifni (2.300 m): Ein kurzer, gemächlicher Wandertag über etwa drei Stunden. Vorbei an einem reizenden Übergang mit Kiosk und frisch gepresstem Orangensaft führte unser Weg zum Camp. Der eiskalte Lac d'Ifni ist der einzige natürliche Bergsee im westlichen Hohen Atlas – ein eiszeitliches Überbleibsel und ideal zum Baden (ca. 18°C). Nebenbei luden wir unsere Solar Power Banks wieder auf.
Tag 8 – Camp oberhalb der Toubkal-Hütten (3.400 m): Heute wurde es wieder anstrengender. Etwa 1.300 Höhenmeter Schotterweg führten durch eine steile Schlucht zum Pass Tizi Ouanamuss (3.664 m). Der Übergang ist schon von Talgrund aus sichtbar – wir glaubten kaum, dass dies unser Weg sein sollte. Lediglich Steinschlag durch Ziegen sorgte für Unbehagen. Nach etwa fünf Stunden erreichten wir den Pass. Später besichtigten wir die Toubkal-Hütten, fragten Jamal aber, ob wir noch eine Nacht länger am schönen Lagerplatz bleiben könnten – er stimmte sofort zu. Wir änderten die Route: Aufstieg zum Toubkal erst am nächsten Tag um 8:00 Uhr, die anderen 4.000er erst am übernächsten Tag.
Tag 9 – Der Jebel Toubkal (4.167 m): Gut ausgeruht und perfekt akklimatisiert starteten wir zum höchsten Gipfel Nordafrikas. Die Südseite führte stetig bergauf. Die Frühaufsteher kamen uns im Abstieg entgegen – ein Zeichen, dass wenig Trubel herrschen würde. Nach etwa dreieinhalb Stunden erreichten wir alle gemeinsam (plus Luzie!) gegen 11:30 Uhr den Gipfel. Die Freude war riesig, besonders für diejenigen auf ihrem ersten 4.000er. Nach Fotos und Brotzeit stiegen wir über die Nordseite ab – über wechselweise groben oder feinen Schotter, vorbei an Überresten des 1969 abgestürzten Flugzeugs Lockheed L-749. Bei den Toubkal-Hütten war eine Cola oder Sprite „lebensrettend". Nach 45 weiteren Minuten erreichten wir unser Lager, erschöpft, glücklich, hungrig.
Tag 10 – Timesguida (4.089 m), Ras n'Ouanukrim (4.083 m) und Abstieg: Die Motivation hatte etwas nachgelassen – nicht alle wollten um 5:00 Uhr aufbrechen. Sieben Teilnehmer (plus Luzie) machten sich auf den Weg. Im Schein der Stirnlampen stiegen wir flott zum Timesguida auf, mussten aber 30 Minuten auf die Sonne warten – zum ersten Mal auf der Tour war uns kalt. Den Katzensprung zum benachbarten Ras n'Ouanukrim (20 Minuten) bewältigten wir dann im Licht. Für einige war es der vierte 4.000er – keine schlechte Performance! Danach wartete der lange Abstieg nach Imlil: etwa 18 km und 2.400 Höhenmeter in grobem Schotter. Nach rund sechs Stunden erreichten wir unseren Picknickplatz vor Imlil. Ein letztes Mal zauberte Aziz und seine Crew ein leckeres Mittagessen, bevor wir uns herzlich verabschiedeten. Danach führten zwei Kilometer durch Imlil zurück zur Zivilisation – Moped-Verkehr, Bazare, das Muezzin-Rufen. Im Hotel angekommen genossen wir heiße Duschen und Erholung.
Abschied von Luzie und Tage in Marrakesch (Tage 11–12)
Vor der Abfahrt nach Marrakesch mussten wir von Luzie Abschied nehmen. Sie schien es zu ahnen – war am Vortag schon distanziert und traurig. Nach vielen Streicheleinheiten wurde sie zurückgelassen. Wir wünschen ihr, dass sie bald eine neue Gruppe findet, die sich ihrer annimmt.
Unterwegs hielten wir an einer Kooperative zur Herstellung von Argan-Öl – einem Pflanzenöl aus Argan-Kernen, das nur in Marokko wächst. Das Öl lässt sich kulinarisch und kosmetisch verwenden und enthält viele hochwertige natürliche Inhaltsstoffe. Nach dem Einchecken ins Hotel führte uns ein lokaler Guide durch die faszinierende Altstadt: enge Gassen, Moscheen, Paläste, Wollfärbergassen, der Bahia-Palast mit andalusischer und maurischer Baukunst, die Koranschule Medersa Ben Youssef mit filigranen Schnitzereien. Der Rückflug musste spontan wegen eines Drohnen-Alarms verlegt werden – zum Glück mit besserer Uhrzeit (14:00 Uhr statt nachts um 2:00 Uhr).
Fazit
Etwa 130 km Wandern mit 9.000 Höhenmetern – das war die sportliche Seite. Das Wetter war durchweg perfekt. Zelt, spartanische Sanitärverhältnisse, anderes Essen: Wir ließen uns auf die ungewohnten Bedingungen ein und machten das Beste daraus. Es gab viele Gespräche, spannende Kartenrunden, Spaß und Lachen. Jede*r akzeptierte die anderen, es war harmonisch – und so fielen die täglichen Anstrengungen kaum auf. Als Gruppe wuchsen wir zusammen und hatten alle miteinander eine wunderschöne Zeit. Vielen Dank dafür! ☺